Bezahlbares Wohnen – Gut 100.000 Leipziger bekommen erstmals Chance auf geförderte Mietwohnung

Ab Januar soll es eine neue Kategorie von Sozialwohnungen in Sachsen geben: Mehr als 100.000 Leipziger bekommen dadurch erstmals die Chance auf ein besonders preisgünstiges Zuhause – weil es dann gefördert wird.

In Sachsen soll zum 1. Januar 2024 ein zweiter Förderweg für bezahlbares Wohnen eröffnet werden. Mehr als 100.000 Leipziger, die bisher keinen Anspruch hatten, bekommen damit erstmals eine Chance auf eine Sozialwohnung. Entsprechende Pläne der Staatsregierung bestätigten mehrere Quellen gegenüber der LVZ.

Laut Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) kann Leipzig derzeit noch immer ganz gute Stückzahlen am Bau vorweisen. Jedes Jahr würden Tausende Wohnungen fertiggestellt. Doch meist handele es sich dabei um teure Quartiere. „Offenbar sind die auch nachgefragt, aber wir haben das Problem, dass viel zu wenig preisgünstige Wohnungen entstehen“, sagte Dienberg soeben bei einer Podiumsdiskussion der Leipziger Kulturstiftung. Er sei froh, dass der Freistaat Sachsen nun in seiner Förderpolitik auf das Problem reagiere. „Das freut mich wirklich sehr, auch wenn der Schritt viel zu spät kommt.“

Zweiter Förderweg für Leipzig und Dresden

Bisher hätten über den vorhandenen Förderweg 32 Prozent der 357.000 Haushalte in der Messestadt Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS), erläuterte der Bürgermeister weiter. Mit diesem Dokument könnten sie eine sozial geförderte Wohnung anmieten. Im Neubau kosten diese meist 6,50 Euro kalt pro Quadratmeter, in besonders guten Lagen mitunter 6,80 Euro.

Weitere 17 Prozent der Haushalte – also mehr als 100.000 Bürgerinnen und Bürger – fielen aber bislang durch das Sicherungsnetz. „Ihr Einkommen liegt nur ein wenig zu hoch, um Anspruch auf einen WBS zu haben. Aber es liegt nicht hoch genug, um Kaltmieten von 8 Euro oder mehr bezahlen zu können“, sagte Dienberg. Für solche sogenannten Schwellenhaushalte schaffe der Freistaat nun den zweiten Förderweg.

Das bestätigte Annegret Fischer vom sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung. „Richtig ist, dass es in der Richtlinie für gebundenen Mietwohnraum einen zweiten Förderweg geben soll – und zwar für die Neubauförderung in Leipzig und in Dresden.“ Der Zuschuss pro Objekt falle in dieser Kategorie etwas geringer aus als bei den bisher bekannten Sozialwohnungen. Dort sind es maximal 4,80 Euro pro Quadratmeter und Monat.

Kabinettsbeschluss eventuell rückwirkend

Zugang zur neuen Kategorie erhielten „Personen, deren Einkommen etwas höher liegt als bei den schon Berechtigten.“ Das CDU-geführte Ministerium hoffe, dass der notwendige Beschluss vom Regierungskabinett noch in diesem Jahr erfolgt. „Eventuell treten die Änderungen der Richtlinie aber auch erst nächstes Jahr in Kraft – dann rückwirkend zum 1. Januar 2024“, so die Sprecherin.

Fachmann Albrecht Pallas von der SPD-Landtagsfraktion sagte, die Regierung wolle ebenfalls zum Jahreswechsel die Höchstgrenzen bei den Baukosten streichen. Zuletzt seien immer wieder soziale Projekte daran gescheitert, dass die Material- und Baukosten schnell gestiegen sind und damit über der für eine Förderung festgelegten Grenze lagen. „Deshalb fällt die Grenze nun ganz weg. Angst, es könnten hier Luxuswohnungen entstehen, muss ohnehin niemand haben.“

Die zusätzlichen Kosten wolle das Land zunächst aus dem vorhandenen Topf für Wohnungsbauförderung bestreiten, so Pallas. „Bisher wurde das Programm für Dresden und Leipzig noch in keinem Jahr voll ausgeschöpft, sondern immer viele Millionen wieder zurückgegeben.“ Mit der Reform versuche die schwarz-rot-grüne Koalition zugleich, dem Wohnungsbau in den Metropolen mehr Schwung zu geben. „Dass dort günstige Wohnungen dringend gebraucht werden, darüber müssen wir ja nicht mehr diskutieren.“

In Zukunft könnte es in einem Neubau in Leipzig also drei baugleiche Wohnungen geben, die zu verschiedenen Preisen an verschiedene Einkommensgruppen vermietet werden, erläuterte der Sozialdemokrat. Als fiktives Beispiel lasse sich annehmen, dass die klassische Sozialwohnung dann kalt 6,50 Euro pro Quadratmeter kostet, die auf dem zweiten Weg geförderte Wohnung nebenan ist etwas teurer und die frei finanzierte Wohnung (ohne Förderung) schlägt vielleicht mit zwölf Euro pro Quadratmeter zu Buche.

Andere Einkommensgrenzen vorgesehen

Für das neue System ändere der Freistaat auch noch seine Verordnung über die zulässigen Einkommensgrenzen. Wo die Grenze für die neue Kategorie der Schwellenhaushalte liegen wird, ist noch nicht bekannt. Beim bisher gängigen WBS waren und sind bis zu 16.800 Euro Jahres-Nettoeinkommen für einen Single-Haushalt zulässig und bis zu 25.200 Euro im Zwei-Personen-Haushalt. Für jeden weiteren Erwachsenen kommen 5740 Euro hinzu, für jedes Kind 700 Euro. Die hier genannten Grenzen sind aber nur ungefähre Angaben, die genauen Berechnungen sind ziemlich kompliziert.

Außerdem gibt es Freibeträge für verschiedene Personengruppen: etwa für junge Ehepaare (bis fünf Jahre nach der Hochzeit), behinderte Menschen oder unterhaltspflichtige Personen. Der Antrag auf einen WBS kann im Sachgebiet Wohnraumversorgung des Sozialamtes, Prager Straße 21, gestellt werden.

Zuletzt wurden in Leipzig etwa 300 bis 500 Sozialwohnungen pro Jahr neu gebaut – davon mehr als die Hälfte durch den kommunalen Großvermieter LWB. Allein 2022 verteilte die Kommune 2700 WBS. Aktuell sind rund 150 WBS-Wohnungen im Angebot, teils auch in der Südvorstadt und in Reudnitz.